Ein vernichtendes Urteil wurde gestern vom Verfassungsgerichtshof in Wien gesprochen: Die Hilfestellung zum Selbstmord wird erlaubt.

Die Kirche reagierte bestürzt, Erzbischof Franz Lackner: „Jeder Mensch in Österreich konnte bislang davon ausgehen, dass sein Leben als bedingungslos wertvoll erachtet wird – bis zu seinem natürlichen Tod. Diesem Konsens hat das Höchstgericht mit seiner Entscheidung eine wesentliche Grundlage entzogen“. „Der Mensch soll an der Hand eines anderen, aber nicht durch die Hand eines anderen sterben – dieses Wort von Kardinal Franz König bleibt ungebrochen gültig“, betonte der Vorsitzende der Bischofskonferenz.

Viele sehen das Urteil als „Dammbruch“ und verstehen nicht, dass man nicht aus den Entwicklungen anderer Länder gelernt habe.  Auch Thomas Szekeres, der Präsident der Österreichischen Ärztekammer meinte in einer Presseaussendung: „Diese Entscheidung ist bedauerlich, denn es drohe die Gefahr, dass ältere und kranke Menschen vermehrt unter Druck geraten, ihre Daseinsberechtigung und ihren Lebenswillen zu rechtfertigen“.

ÖVP-Verfassungsministerin Karoline Edtstadler zeigte sich in einer ersten Reaktion überrascht bis ablehnend. „Insbesondere der Schutz der Älteren und der Schutz des Rechtes auf Leben sind zentrale Grundwerte unserer Politik. Diese Werte spiegeln sich auch in unseren Handlungen wieder und waren zentral in der bisherigen Bewältigung der Corona-Pandemie in Österreich.“

Ministerin Edstadler spricht damit genau die paradoxe Situation an, die nun in Österreich herrscht: Das erklärte Ziel der Regierung in der Coronazeit war bisher, vor allem das Leben der Alten und Gebrechlichen zu schützen. Dafür hat die Bevölkerung sehr viel Opfer auf sich nehmen müssen und auch genommen.  Nun wird durch diesen Entschluß des VfGh genau das bewirkt, was eigentlich verhindert werden sollte, nämlich den Tod, besser gesagt, das gegenseitige Umbringen genau dieser Bevölkerungsgruppe. Unterm Strich könnte man fast sagen, an einer Krankheit sterben wurde als Horrorszenario dargestellt, aber jemanden töten ist in Ordnung? In welcher Welt leben wir?

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Gudrun Kattnig in der Kleinen Zeitung, „Mach was du willst, es ist uns egal“

Johannes Moravitz „Euthanasie und die Illusion des neutralen Staates“

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